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Nach den kulturellen Höhepunkten Japans führt uns der zweite Teil unseres Reisetagebuchs über den Nordpazifik zu den entlegenen Aleuten bis zur Alaska-Halbinsel. Vier spannende Seetage, die Überquerung der internationalen Datumsgrenze und intensive Begegnungen mit der Tierwelt des Nordpazifiks erwarten uns. Von gewaltigen Orcagruppen über majestätische Weißkopfseeadler bis hin zu spektakulären Vulkanlandschaften - dieser Reiseabschnitt steht ganz im Zeichen unberührter Natur und authentischer Begegnungen.
Seetage auf dem Pazifik – Zeit für Weite, Wissen und Vorfreude
Vier volle Seetage liegen hinter uns – eine seltene Konstellation im Reiseverlauf, die sich für uns wie ein wohltuender Übergangsraum anfühlt. Nach der intensiven ersten Reisewoche in Japan gleitet die HANSEATIC inspiration nun stetig nordostwärts – Kurs auf Nordamerika, Kurs auf Abenteuer.
Die Tage an Bord gehören ganz dem Rhythmus des Meeres: lesen, lauschen, beobachten, genießen. Die Vorträge unseres Expeditionsteams sind ein täglicher Fixpunkt – sie bereiten uns inhaltlich auf das vor, was bald folgen wird: die Aleuten, die Alaska-Halbinsel, Tierbeobachtungen, Vulkane, Geisterinseln und ungezähmte Natur.
Während draußen die Sonne langsam untergeht, zeigt der Kalender an Bord plötzlich: Freitag, der 4. Juli – zum zweiten Mal. Eine Seltenheit, die nur wenigen Reisenden widerfährt – und wie passend: Der doppelte 4. Juli fällt zusammen mit dem Unabhängigkeitstag der USA.
An Bord gibt es zur Feier des Tages ein BBQ an Deck. Viele Gäste heben ihr Glas auf das, was vor uns liegt: Alaska – das nächste große Ziel unserer Reise. Am zweiten Nachmittag des 4. Juli erleben wir einen besonders faszinierenden Moment, um 16:00Uhr überqueren wir die Datumsgrenze bei 51°15,071’N und 180°00,000‘W. Kapitän Ulf Wollter lädt alle Interessierten auf die Brücke ein und lässt das Schiffshorn beim Überqueren ertönen. Doch nicht genug für einen erfahrenen Kapitän wie Ulf Wolter und so lässt er es sich nehmen, dass wir sogar auf exakt mit dem Schiff auf der Linie fahren, so dass die Steuerbordseite in der Vergangenheit im Westen liegt und die Backbordseite quasi im Osten sozusagen in der Zukunft liegt.
Bevor wir Alaska erreichen, durchqueren wir eine der entlegensten Inselgruppen der Welt: die Aleuten. Rund 300 windumtoste Inseln erstrecken sich wie ein gewaltiger Bogen zwischen Asien und Amerika – eine Kette aus Vulkanen, die aus dem Meer ragen. Die Aleuten bilden die Nahtstelle zwischen zwei Kontinenten, zwischen zwei tektonischen Platten, zwischen den Kulturen der Ainu und der Inuit.
Viele der Inseln sind unbewohnt oder nur dünn besiedelt. Die Natur regiert hier – rau, kompromisslos und zugleich unglaublich reich an Leben. Sturmvögel kreisen in riesigen Kolonien über den Klippen, Seeotter dösen im Kelp, und mit Glück lassen sich auch Orcas, Buckelwale oder Stellersche Seelöwen blicken.
Für Entdecker wie uns sind die Aleuten ein Traumziel: mystisch, ursprünglich, voller Geschichten. Einst wichtig für russische Pelzhändler, später im Zweiten Weltkrieg umkämpft – heute ein Rückzugsort für Arten und Abenteuerlustige. Die Zodiacs werden in den kommenden Tagen oft im Einsatz sein – flexibel, spontan, ganz im Sinne echter Expedition.
Und dann wartet Alaska. Schon das Wort lässt Bilder aufsteigen: endlose Wälder, schneebedeckte Berge, gewaltige Gletscher, Grizzlys, Lachse, Adler. Doch Alaska ist weit mehr als das. Es ist ein Gefühl – von Freiheit, von Weite, von Ungezähmtheit.
Unsere Reise führt uns bald in kleine Fischerorte, durch Nationalparks und zu Gletscherfronten. Wir begegnen der Vergangenheit – in ehemaligen russischen Siedlungen wie Kodiak – und der Gegenwart – im Alltag der Bewohner von Chignik oder Homer. Wir werden Wanderungen unternehmen, Kajak fahren, mit dem Wasserflugzeug starten und – mit etwas Glück – Bären beim Lachsfischen beobachten.
Für uns ist Alaska das große Finale dieser Reise – und ein würdiger Abschluss für eine Route, die keine Kompromisse macht: von Asien durch den Pazifik bis in die Wildnis Nordamerikas.
Adak Island – Geisterstadt im Wind der Geschichte
Nach stillen Seetagen ist heute wieder Bewegung im Spiel. Noch vor acht Uhr morgens macht die HANSEATIC inspiration in der geschützten Kulisse von Kuluk Bay an der Holzpier fest. Tiefe Wolkenbänke hängen über den niedrigen Tundrahügeln, Wind fegt Gischt über das Wasser, und die wenigen Häuser, die wir von Deck erkennen, wirken, als hätten sie den Atem angehalten. Mit den Zodiacs setzen wir an Land über – hinein in ein Kapitel Zeitgeschichte, das kaum jemand kennt.
Kaum betreten wir die buckelige Pier, begrüßt uns Adaks gefiederter Adel: Weißkopfseeadler sitzen auf Strommasten, andere kreisen in der Thermik, und nur wenige Schritte vom Strand entfernt entdecken wir bereits das erste Nest – ein gewaltiger, mit Ästen verflochtener Bau auf einem alten Radarmast. Das Adlerpaar beäugt uns wachsam; mit Teleobjektiv und Fernglas erkennen wir zwei noch flauschige Jungvögel, die sich verschlafen recken, die Schnäbel vom Frühstück glänzend. Der Weißkopfseeadler, Wahrzeichen der USA, kann hier oben eine Flügelspannweite von fast zweieinhalb Metern erreichen. Er jagt Fische, Aas und Wasservögel – doch ebenso oft sitzt er reglos, als wolle er die Insel bewachen, auf der heute nur noch siebenundzwanzig Menschen leben.
Dennis und ich haben uns Bewegung vorgenommen und stoßen bald auf Dr. Reinhard Dethloff, unseren Lektor und Experten für Geologie & Geophysik. Gemeinsam gehen wir den alten Military Avenue hinauf. Rechts das verlassene Hospital – eingeworfene Fenster, rostender OP-Tisch – links ein Block aus Hobby-Läden, deren Reklame im Wind flattert. Drüben ragt das halb zerlegte Hangartor des einst geschäftigsten Flugfelds der Aleuten auf: In den Tagen des Kalten Kriegs starteten hier Tag und Nacht Aufklärungsflüge gen Westen, bis zu sechstausend Menschen lebten auf Adak. 1997 zog das US-Militär ab; seitdem frisst die salzige Luft die Restbestände einer Ära, die plötzlich keine Bedeutung mehr hatte.
Am Rand eines kleinen Plateaus steht die alte Holzkapelle – schlicht, moosbewachsen, das weiße Kreuz schief im Wind. Direkt daneben glänzt eine moderne, stählerne Ersatzkapelle, gleichzeitig als Tsunami-Evakuierungszentrum konstruiert. Die Doppelfunktion macht klar, wie elementar Wetter und Geologie hier oben bleiben: Beben, Sturm, Regen aus allen Richtungen – auf den Aleuten lebt man nie nur gegen die Einsamkeit, sondern ständig mit einer launischen Erde.
Von der Kapelle führt ein Pfad hinunter zu einem kleinen Fischerhafen. Möwen streiten um Krabbenreste, Kormorane trocknen ihre Flügel an den Pfählen, und über allem ziehen immer wieder Adler lautlos ihre Bahnen. Wir setzen uns auf einen Strandfelsen, den Rücken gegen den Wind, blicken hinaus auf die Bucht. Plötzlich unterbricht ein Schnauzen die Stille: Eine Robbe mustert uns mit dunklen, glänzenden Augen, taucht ab, erscheint ein Stück weiter rechts, stellt erneut Blickkontakt her und verschwindet schließlich, als hätte sie genug gesehen.
Gegen Mittag kehren wir zur Pier zurück wieder an Bord. Doch kaum haben wir Kurs gesetzt, wartet der Tag mit einem zweiten Höhepunkt.
Durch die Engpassage – und ein Orca-Finale wie aus der BBC
Etwa um 14:30 Uhr steuert Kapitän Wolter die HANSEATIC inspiration durch eine spektakuläre Meeresenge zwischen den Inseln Adak und Kagalaska. Schroffes Gestein rückt nah ans Schiff und die Luft wimmelt vor Leben: Lummen stürzen sich wie Pfeile ins Wasser, Dreizehenmöwen kreischen, Sturmvögel schneiden pfeilschnell durch die Böen. Kameras klicken im Dauerfeuer – bis plötzlich überall Rufe aufbranden: „Orcas voraus!“
Was sich entfaltet, wirkt wie eine Live-Produktion der BBC. Rund fünfzig Schwertwale fächern sich vor und neben dem Schiff auf. Hohe, sichelförmige Rückenflossen schneiden durch die See; dazwischen springen Jungtiere, drehen sich auf den Rücken, klatschen mit der Fluke ins Wasser. Wir sehen die Tiere jagen – synchron, koordiniert, vielleicht ein Barsch- oder Lachsschwarm, den sie geschickt zusammentreiben. Zwischendurch lösen sich kleinere Gruppen und scheinen zu spielen, tauchen unter dem Bug durch, schießen seitlich empor wie Akrobaten.
Im Golf von Alaska treffen drei unterschiedliche Ökotypen von Orcas aufeinander: die Resident-Clans, die sich fast ausschließlich auf Fisch – besonders Lachs – spezialisiert haben. Die Transient-Gruppen, die lautlos Meeressäuger wie Robben und Seelöwen jagen, und die seltenen Offshore-Orcas, die meist weit draußen an Tiefwassergrenzen leben.
Jede Gruppe hat eigene Dialekte, soziale Rituale und Jagdtechniken, die Mutterlinien geben Wissen über Jahrzehnte weiter. Welche wir heute sehen? Wahrscheinlich Resident-Tiere, denn ihr Interesse gilt offensichtlich einem Fischschwarm – doch bei so vielen Finnen, Sprüngen und Strategiewechseln stockt sogar den Experten der Atem.
Eine knappe halbe Stunde begleitet uns die Schule, dann verschwindet sie so plötzlich, wie sie aufgetaucht ist. Zurück bleiben aufgeregtes Herzklopfen, feuchte Kameraobjektive – und das Gefühl, für einen Augenblick Teil des großen, freien Nordpazifiks gewesen zu sein.
Kreuzen vor Chagulak Island – Insel der Sturmvögel
Heute betreten wir keinen neuen Boden – und doch erleben wir eine der eindrucksvollsten Stationen der Reise. Denn manchmal genügt es, auf dem richtigen Schiff am richtigen Ort zu sein. Die HANSEATIC inspiration kreuzt heute vor Chagulak Island, einer schroffen, weitgehend unzugänglichen Vulkaninsel im Herzen der Aleuten.
Früh am Morgen stehen wir an Deck der HANSEATIC inspiration. Der Wind ist frisch, der Himmel dramatisch – und direkt vor uns ragt ein nahezu perfekter Vulkan aus dem Ozean: Chagulak Island. Die Insel ist unbewohnt, wild und darf nicht betreten werden – zu steil, zu gefährlich, zu bedeutsam für die Vogelwelt. Aber gerade das macht sie so faszinierend.
Dichter Nebel hängt an den Flanken des Kegels, reißt auf, gibt Ausblicke auf schroffe Klippen und steile Lavahänge frei. Die Szene wirkt archaisch – als hätte sich hier seit Jahrtausenden nichts verändert. Während die HANSEATIC inspiration langsam und vorsichtig um die Insel herum manövriert, verwandelt sich das gesamte Schiff in eine schwimmende Beobachtungsplattform. Vom Bug bis zur Observation Lounge sind alle Kameras, Ferngläser und Teleobjektive im Einsatz.
Tausende Seevögel umkreisen Chagulak: Sturmvögel, Lummen, Alken, Dreizehenmöwen, Kormorane. Ihre Rufe füllen die Luft, sie gleiten in perfekter Präzision durch den Wind, starten und landen auf schmalsten Felsvorsprüngen. Unsere Experten erklären, welche Arten hier brüten – und dass sich auf Chagulak die größte Sturmvogelkolonie Nordamerikas befindet. Millionen von Seevögeln nutzen die nahezu unzugänglichen Klippen dieser abgelegenen Insel als sicheres Brutgebiet.
Der Anblick dieser vibrierenden, lebendigen Vogelwelt vor der Kulisse eines aktiven Vulkans ist überwältigend – kraftvoll, laut, wild. Und doch spürt man zugleich, wie empfindlich dieses Ökosystem ist. Dass wir es aus respektvoller Entfernung erleben dürfen, macht es zu einem stillen Privileg.
Orca-Begegnung wie aus einer anderen Welt
Kaum ist die Insel hinter uns verschwunden, geht ein Ruf über das Deck: „Orcas an Steuerbord!“
Und tatsächlich – eine Schule von rund zehn Schwertwalen taucht in Sichtweite auf. Zunächst liegen sie ruhig an der Wasseroberfläche, dann beginnen sie sich zu bewegen. Fast wie in Zeitlupe kreisen sie, tauchen unter dem Schiff hindurch, kommen auf der anderen Seite wieder hervor.
Wir beobachten, wie sie sich gegenseitig absprechen, gemeinsam abtauchen, aufsteigen, ihre Finnen aus dem Wasser ragen lassen. Ein Jungtier springt, klatscht mit der Fluke auf die Oberfläche. Es ist, als würde die See atmen – kraftvoll, geheimnisvoll, unmittelbar.
Orcas (Orcinus orca) sind hochintelligente, soziale Tiere. In Alaska unterscheidet man drei Ökotypen: Resident-Orcas, die sich auf Fische wie Lachs spezialisiert haben; Transients, die Meeressäuger jagen; und Offshore-Orcas, die weiter draußen leben und in größeren Gruppen auftreten. Welche wir heute sehen, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen – aber ihr Verhalten ist ruhig, fast neugierig. Vielleicht sind es Residents, vielleicht eine Durchmischung. Es spielt keine Rolle: Der Moment zählt.
Islands of Four Mountains: Feuerberge im Nebel
Am Nachmittag nimmt die HANSEATIC inspiration Kurs auf eine der spektakulärsten Regionen der Aleuten: die Islands of Four Mountains. Die Inselgruppe besteht aus vier großen Vulkaninseln – Carlisle, Cleveland, Herbert und Tana – sowie mehreren kleineren Felsinseln. Sie gehören zu den geologisch aktivsten Zonen des Feuerrings.
Herbert Island liegt ruhig im Wasser, von Nebelschwaden umgeben. Ihre runden Hänge sind mit Moos und Tundravegetation bedeckt, dazwischen schwarze Lavaströme, die wie vernarbte Adern die Landschaft durchziehen. Auch Mount Cleveland, der mächtigste der Inselgruppe, ragt klar in den Himmel: ein nahezu symmetrischer Schichtvulkan, rund 1.730 Meter hoch, berüchtigt für seine häufigen, plötzlichen Ausbrüche. Zuletzt stieß er im Jahr 2020 Aschewolken aus, die sogar Flugrouten beeinflussten.
Unsere Lektoren erklären, dass sich hier die Pazifische Platte unter die Nordamerikanische Platte schiebt – ein Subduktionsvorgang, der extremen vulkanischen Aktivität hervorruft. Tana Island beherbergt gleich zwei Vulkane, die teilweise noch aktiv sind. Carlisle Island wirkt ruhiger, doch auch hier ist der nächste Ausbruch nur eine Frage der Zeit.
Während das Schiff in sicherer Entfernung an den Küsten entlanggleitet, sehen wir alte Lavazungen, frische Schuttkegel, vegetationsfreie Kraterhänge und Fumerolen. Die Stimmung ist erhaben – wie eine Mischung aus arktischem Märchen und tektonischem Lehrbuch. Besonders schön der Abschluss als wir die nächsten Vogelfelsen entdecken und tausende Lummen wieder um unser schwimmendes Zuhause kreisen. Beeindruckend.
Sehr gerne! Hier ist der passende ergänzende Abschnitt für den Nachmittag an Bord, inklusive des Vortrags über die Unangan, zur Vorbereitung auf den morgigen Stopp in Unalaska/Dutch Harbor:
Wissen am Nachmittag – Die Unangan und ihre Geschichte
Nach einem Tag voller Naturgewalten, Seevögel und Orcas kehrt am Nachmittag etwas Ruhe ein – zumindest auf See. Während wir Kurs auf Unalaska und Dutch Harbor nehmen, geht es im HANSEATRIUM in die Tiefe der Geschichte: Ein Vortrag über die Unangan, die indigenen Bewohner der Aleuten, stimmt uns auf das nächste Ziel unserer Reise ein.
Die Unangan – in der Vergangenheit oft unter dem russischen Namen „Aleuten“ bekannt – lebten seit Jahrtausenden auf den Inseln zwischen Nordamerika und Asien. Sie gelten als exzellente Jäger, Bootsbauer und Überlebenskünstler in einem der rauesten Klimaräume der Welt. Besonders beeindruckend ist ihre seewärtige Lebensweise: In kunstvoll gebauten Kajaks fuhren sie weit hinaus, um Robben, Seeotter, Fische und Vögel zu jagen. Ihre Jagdtechniken, Kleidung aus Fischhaut und ihr tiefes Verständnis für Wind, Strömung und Tierverhalten sind ein Beispiel für nachhaltiges Leben im Einklang mit der Natur.
Doch auch die Geschichte der Unangan ist geprägt von Kolonialisierung, Gewalt und Umsiedlung – zunächst durch die Russen im 18. Jahrhundert, später durch amerikanische Interessen. Der Zweite Weltkrieg brachte zusätzliche Traumata: Viele Unangan wurden aus strategischen Gründen zwangsevakuiert und verloren ihre Dörfer und Lebensgrundlagen.
Der Vortrag lässt uns erkennen, dass die Aleuten nicht nur landschaftlich beeindruckend sind – sondern auch kulturell tief verwurzelt, mit Geschichten, die unter der Oberfläche dieser stillen, rauen Inseln verborgen liegen. Unalaska und Dutch Harbor, unser morgiges Ziel, sind heute nicht nur Fischereihafen und militärhistorischer Ort – sondern auch ein bedeutender Platz der Erinnerung und Identität für das Volk der Unangan.
Wir gehen mit neuen Gedanken hinaus aufs Deck – während die Abendsonne die Vulkane der Aleuten in ein warmes Licht taucht.
Dutch Harbor – Zwischen Russland, Alaska und dem ewigen Wind
Heute betreten wir wieder festen Boden – und was für einen. Die HANSEATIC inspiration erreicht am Vormittag Dutch Harbor, den größten Hafen der Aleuten und einen der geschichtsträchtigsten Orte Alaskas. Die Szenerie ist geprägt von weiten Buchten, schneebedeckten Vulkanen am Horizont, einfachen Holzhäusern und Schiffen, die beständig ein- und auslaufen.
Schon beim ersten Schritt an Land spüren wir: Hier ticken die Uhren anders. Es ist ein Ort am Rande der Welt – rau, echt, vom Leben gezeichnet. Und voller Geschichten.
Spuren von Russisch-Amerika und dem Zweiten Weltkrieg
Dutch Harbor war einst Teil von Russisch-Amerika, bevor Alaska 1867 von den USA gekauft wurde. Das russisch-orthodoxe Erbe lebt bis heute weiter – sichtbar in kleinen Kirchen mit Zwiebeltürmen, in alten Friedhöfen, in Museen, die von einer Zeit erzählen, als Pelzhandel und orthodoxe Missionare die Region prägten.
Besonders beeindruckend ist der Besuch im Museum of the Aleutians: Wir erfahren mehr über die indigene Bevölkerung, über den russischen Einfluss, aber auch über die traumatische Geschichte des Zweiten Weltkriegs. Dutch Harbor war 1942 Ziel eines japanischen Angriffs – der einzige Luftangriff auf amerikanischem Boden neben Pearl Harbor. Die Narben sind geblieben, ebenso wie Bunker, Ruinen und Erinnerungen.
Heute: Einer der wichtigsten Fischereihäfen der USA
Doch Dutch Harbor lebt nicht nur von der Vergangenheit. Heute ist es einer der größten und wirtschaftlich bedeutendsten Fischereihäfen der Vereinigten Staaten – besonders bekannt für die Krabben- und Lachsverarbeitung. Vielleicht haben Sie den Namen schon einmal gehört? Die Reality-Serie Deadliest Catch wurde hier gedreht.
Wir spazieren durch den Ort, beobachten Fischer bei der Arbeit, besuchen kleine Läden, sprechen mit Einheimischen. Viele Menschen hier leben vom Meer – und mit dem Wetter, das oft unberechenbar ist.
Expedition in Geschichten
Wer heute keine Lust auf Museen oder Spaziergänge hat, bleibt an Bord – denn auch die HANSEATIC inspiration bietet heute wieder Expertenvorträge zur Geschichte der Region an. Einige Gäste machen es sich mit Fernglas und Kamera an Deck bequem – denn auch hier in Dutch Harbor sind Tierbeobachtungen keine Seltenheit: Weißkopfseeadler kreisen über dem Hafen, Seeotter gleiten durch die Bucht, und wer Glück hat, erspäht sogar einen Wal in der Ferne.
Weiter nach Popof Island (Shumagin-Inseln) und durch die Deer Passage
Am späten Nachmittag heißt es wieder „Alle an Bord“. Die HANSEATIC inspiration nimmt Kurs auf unser nächstes Ziel: Popof Island. Doch Dutch Harbor bleibt haften – als Ort zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen russischer Geschichte und amerikanischem Fischereialltag, zwischen Expedition und echtem Leben.
Popof Island – Wo die Bisons durch die Tundra ziehen
Ein neuer Morgen auf See – und erneut steuert die HANSEATIC inspiration einen Ort an, den nur wenige Menschen je betreten haben: Popof Island, Teil der Shumagin-Inselgruppe vor der Südwestküste Alaskas. Die Landschaft wirkt unberührt, fast überirdisch: grüne Hügel, moosige
Popof Island ist bekannt als nördlichster Lebensraum von Bisons in Alaska. Bereits vor vielen Jahrzehnten wurden die Tiere hier angesiedelt – seither leben sie halbwild auf der Insel, angepasst an das raue Klima, die karge Vegetation und die Abgeschiedenheit.
Mit etwas Glück sehen wir sie heute – und tatsächlich: Schon nach kurzer Zeit entdecken wir in der Ferne eine kleine Herde. Majestätisch und doch vorsichtig ziehen die Tiere über die Ebenen, umgeben von schroffen Felsen und blühender Tundra. Die Guides bitten um Abstand – aus gutem Grund. Die Tiere wirken friedlich, aber unberechenbar.
Heute um 13:00 Uhr gehen wir vor Sand Point vor Anker – einer kleinen Gemeinde, die sich wie das Ende der Welt anfühlt und gleichzeitig voller Leben steckt. Während Weißkopfseeadler über dem Hafen kreisen und sich auf die Schiffsmasten setzen, bringen uns die Tenderboote an Land.
Sand Point – oder Qagan Tayagungin, wie die Gemeinde in der Sprache der Ureinwohner heißt – ist das kulturelle Zentrum der Insel. Fast die Hälfte der Bevölkerung ist aleutischer Abstammung. Geprägt von Fischfang und Selbstversorgung, lebt man hier in enger Verbundenheit mit der Natur. Die Lachsfischerei ist Herzstück des Sommers – und heute hat sich der Ort für uns besonders herausgeputzt: Kleine Kinder bieten uns selbstgemachte Limonade an – nur für uns Gäste der HANSEATIC inspiration.
Wir spazieren durch den Ort, vorbei am kleinen Friedhof bis zur Küste – und treffen unterwegs Jake und Lloyd, die gerade aus ihrer Werkstatt kommen. Vor ihrer Tür liegen Geweihe – sie stammen von Karibus, die auf Popof Island leben. Die beiden erzählen uns stolz, dass ihr Ururgroßvater einst das erste Karibu auf der Insel erlegte. Die Tiere kamen ursprünglich vom Festland, schwammen über die schmale Meerenge – denn: Auf Popof Island gibt es keine Bären. Ein Paradies für Wildtiere – inzwischen leben hier auch Bisons, die vor Jahrzehnten angesiedelt wurden. Zwar haben wir heute keine gesehen, aber ihre Präsenz gehört zur Geschichte der Insel.
Jake und Lloyd berichten, dass sie alle Teile der Tiere nutzen – Fleisch, Haut, Knochen – nichts wird verschwendet. „Fleisch aus den Staaten? Zu teuer – und oft nicht so gut“, sagen sie. Hier lebt man autark, ernährt sich aus der Natur und denkt in Generationen.
Auf dem Rückweg kehren wir spontan in den einzigen Pub des Ortes ein – geschmückt mit Stars & Stripes vom 4. Juli. Automaten, Bierpongtisch, Billard, Darts – und an den Wänden: Hunderte beschriftete Ein-Dollar-Scheine. Ein lokaler Brauch: Am Jahresende werden sie eingesammelt und gespendet. Auch wir hinterlassen unseren Gruß: Dennis mit seinem HSV, ich mit lieben Worten aus Hamburg 2025.
Zurück am Anlandungsplatz lassen wir den Blick über das weite Land schweifen. Es ist genau dieses Gefühl, das eine Expeditionskreuzfahrt mit der HANSEATIC inspiration so besonders macht: ehrliche Begegnungen, stille Eindrücke, echte Geschichten – abseits der bekannten Routen, aber ganz nah am echten Leben.
Nach dem Essen geht der „positive Stress“ direkt wieder los. Eine riesige Schule von Buckelwalen direkt vorm Schiff. Es ist eine Reizüberflutung, egal wo man hinsieht Buckelwale in allen Richtungen. Teilweise sind es drei oder zwei nebeneinander die gleichzeitig die Fluke zeigen. Nach circa einer Stunde Buckelwalshow vom Feinsten, merke ich doch das Gewicht des Objektivs und verneige mich einmal vor Kapitän Ulf Wolter und General Expeditionmanagerin Nadine Armbrust. Wir sollten über eine Reklamation nachdenken, weil ich nach meinem Urlaub nicht erholt nach Hause kommeJ
Morgen erreichen wir das Festland von Alaska. Doch dieser Tag auf Popof Island wird uns lange in Erinnerung bleiben – als kraftvoller Moment inmitten einer rauhen Welt.
Chignik – Bärenland, Donutparadies und ehrliche Begegnungen
Früh am Morgen erreicht die HANSEATIC inspiration die Südküste der Alaska-Halbinsel. Gegen 08:00 Uhr gehen wir vor Chignik auf Reede – einem abgelegenen Ort mit etwa 70 bis 100 Einwohnern. Die Szenerie ist dramatisch und wunderschön: zerklüftete Küste, tiefhängende Wolken, dichte Vegetation – und Regen. Viel Regen. Kein zarter Niesel, sondern es schüttet wie aus Eimern.
Der gestrige Abend mit den vielen Buckelwalen hallt noch nach – die Bilder sind noch lange nicht gesichtet und warten darauf, bei Happy Whale hochgeladen zu werden. Und so seltsam es klingt: Dieser Regentag ist eine willkommene Atempause.
Doch Expedition heißt nicht Stillstand – und so machen wir uns auf den Weg ins Dorf. Unser Ziel: das berühmte Café von Jessie, von dem es heißt, dort gäbe es die besten Donuts Alaskas. Hapag-Lloyd Cruises hat natürlich vorausgedacht – und Donuts für uns bestellt.
Der Weg führt uns rund drei Kilometer durch die Wildnis – vorbei an Hängen, Weiden und dichten Büschen. Bärenland. Es ist sofort spürbar. An den Hauswänden entdecken wir sogar deutliche Prankenspuren – Spuren von Bären, die offenbar versucht haben, einzudringen. Ein Gänsehautmoment.
Endlich stehen wir vor dem kleinen Café. Schon von außen strömt uns der süße Duft frisch gebackener Donuts entgegen. Drinnen ziehen wir die durchnässten Jacken aus – und stehen vor einem Tresen voller Köstlichkeiten.
Schokolade, Ahornsirup, Philadelphia, Apfel-Zimt, purer Zimt, klassischer Zuckerguss – Jessie hat die ganze Nacht durchgebacken, nur für uns.
Um ihre Mühe zu würdigen, teilen wir uns einzelne Donuts mit anderen Gästen. Und tatsächlich: Das sind die besten Donuts, die Dennis und ich je gegessen haben.
Während der Regen weiterprasselt, machen wir Platz für neue Gäste und treten den Rückweg an. Da läuft plötzlich ein großer, freundlicher Alaskan Malamute neben uns – Nuca heißt die Hundedame. Es wirkt als gäbe sie uns Geleitschutz vor den Bären auf dem Rückweg um Schiff. Wenig später hält ein Pickup. Rick fragt, ob wir mitfahren möchten – und wir sagen natürlich ja.
Im Wagen erzählt er uns: Nuca beschützt die Dorfbewohner – und heute auch uns – vor den Bären. Die Hündin sei beliebt bei allen. Rick selbst lebt drei Monate im Jahr in Chignik, um zu fischen und Geld zu verdienen. Die restliche Zeit wohnt er in Utah oder auf den Bahamas. Seine Frau sei allerdings lieber am Strand – mit Bären könne sie nichts anfangen, sagt er mit einem Augenzwinkern.
Zurück am Hafen kaufen wir noch hausgemachte Marmelade von Einheimischen – da treffen wir Carina, unsere Biologin und Expertin von Bord. Sie fragt, ob wir Lust haben, sie zu den Bärenspuren am Strand zu begleiten. Selbstverständlich! Gemeinsam laufen wir entlang der Küste bis zu einem alten Wrack – und tatsächlich: Frische Bärenspuren im Sand. Ein einzelnes Tier hat hier kürzlich den Strand passiert. Ein leiser, intensiver Moment. Auf dem Rückweg zeigt uns Carina noch die Seenelken, von denen wir im Vortrag erfahren hatten – winzige, zarte Lebewesen, die sich an den Felsen klammern und in der Strömung wiegen.
Zurück an Bord freuen wir uns auf eine heiße Dusche – beseelt, durchnässt, inspiriert. Chignik bleibt in Erinnerung: nicht trotz des Regens, sondern gerade wegen seiner Echtheit.
Chignik – Meet the Locals
Chignik lebt vom Lachsfang, vom Wetter – und von Zusammenhalt. Der Ort besteht aus einfachen Holzhäusern, einer kleinen Schule, einer Kirche, einem winzigen Hafen. Und dennoch liegt in dieser Abgeschiedenheit eine enorme Kraft.
Es ist ein Moment, der bewegt – weil er zeigt, wie anders, aber auch wie ähnlich Menschen überall auf der Welt sind, wenn man sich auf Augenhöhe begegnet.
Kreuzen vor Kak Island – Fels der Federn
Am Nachmittag bleibt die HANSEATIC inspiration in Bewegung: Wir kreuzen vor Kak Island, einem spektakulären Vogelfelsen unweit der Küste. Die Klippen sind schwarz, schroff, fast bedrohlich – und dennoch voller Leben.
Mit Fernglas und Kamera beobachten wir Stellersche Seelöwen, die sich auf Felsplateaus räkeln, und unzählige See- und Küstenvögel, die hier ihre Brutplätze haben: Hornlunde, Trottellummen, Kormorane – ein wahres Schauspiel der Artenvielfalt.
Unsere Experten an Deck liefern faszinierende Informationen: über Zugrouten, Nestverhalten, Paarungstänze. Und wie so oft auf dieser Reise wird klar – je mehr man weiß, desto mehr sieht man.
Abendstimmung in Alaska
Als sich das Schiff langsam vom Felsen entfernt, färbt die untergehende Sonne den Himmel in goldene Töne. Nebelschwaden ziehen über das Wasser, Möwen gleiten lautlos über den Bug. Es ist einer dieser Abende, an denen man am liebsten draußen bleibt – weil alles so vollkommen ist, wie es ist.
Chignik und Kak Island – ein Tag zwischen Menschen und Natur, Begegnung und Beobachtung. Und morgen wartet ein ganz besonderer Höhepunkt: das Kreuzen im Katmai-Nationalpark.
Was wir dort und an den letzten Tagen unserer Alaska-Expeditionskreuzfahrt mit Hapag-Lloyd Cruises erleben, lesen Sie in Kürze im dritten und letzten Teil dieses Reiseberichts.
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Ihr Team von Eisexpeditionen, Ihr Spezialist, wenn es um Expeditionskreuzfahrten geht!13.873
pro PersonAlaska und Kanada – Aleuten, Bären und die Inside-Passage (Kurs Nord)
12.352
pro PersonAlaska und Kanada – Aleuten, Bären und die Inside-Passage (Kurs Süd)
6.819
pro PersonAlaskas Inside-Passage: Faszinierende Fjorde mit HX Expeditions