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Fotografieren in den Polargebieten II: Tipps und Tricks für gelungene Fotos

In der zweiten Runde unserer Blogserie mit dem Tier- und Reisefotografen Justus Alain Köhn widmen wir uns erneut dem Thema Fotografie in den Polargebieten. Nachdem Sie im ersten Beitrag gelernt haben, welches Equipment Sie brauchen und wie Sie es vor rauen Wetterbedingungen schützen, gehen wir nun einen Schritt weiter. Dieser Beitrag konzentriert sich darauf, wie Sie Ihr Equipment einsetzen können, um außergewöhnliche Aufnahmen auf Ihrer Expeditionsreise zu machen.

Allgemeine Tipps

Zunächst gebe ich Ihnen einige allgemeine Tipps zur Einführung. Hierbei möchte ich mich im Folgenden ausdrücklich auf die Besonderheiten der Fotografie in den Polargebieten beziehen. Sollten Sie mit Begriffen wie Verschlusszeit oder ISO bisher noch nichts anfangen können, oder den Nutzen und Einfluss dieser Einstellungen noch nicht verstehen, empfehle ich Ihnen die unzähligen hilfreichen Videos auf YouTube zu diesen Fragestellungen. Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, diese Themen hier ausführlich zu erklären.

Storytelling – Nehmen Sie Ihre Kamera immer mit

Ihre Expeditionsreise ist ein absolut einzigartiges Erlebnis, das nur wenige auf unserer Welt erleben dürfen. Versuchen Sie, Ihre Reise von Anfang an fotografisch zu dokumentieren und erzählen Sie mit Ihren Bildern eine Geschichte. Dabei gilt: Nehmen Sie Ihre Kamera immer mit. Und damit meine ich auch immer. Auf meiner Reise mit der Ocean Adventurer im Januar waren wir an einem Nachmittag durchgehend an Deck und auf der Suche nach einer Gruppe von Pinguinen auf einem Eisberg oder auf Eisschollen. Leider vergeblich, weshalb wir unsere Kamera vor dem abendlichen Recap und anschließenden Dinner in der Kabine gelassen haben. Als wir anschließend gemütlich im Restaurant an einem Fensterplatz saßen, ging es los: Eine kleine Eisscholle mit Eselspinguinen, ein kleiner Eisberg mit Adeliepinguinen und so weiter… Schnell sind wir natürlich ein Deck tiefer gerannt und haben unsere Kameras geholt. Aber was soll man sagen – wir haben sie verpasst und auch die bitterkalten zwei Stunden, die wir den Abend noch an Deck verbracht haben, haben uns nicht mit weiteren Pinguinen auf Eis beschenkt. Nehmen Sie Ihre Kamera deshalb immer mit – zum Frühaufsteher-Kaffee, Lunch und zu den Vorträgen. Die einzigen Ausnahmen bilden vielleicht der Jacuzzi und die Sauna.

Golden Hour

Sie ist allen Fotografen ein Begriff – die goldene Stunde. In dieser Zeit kurz nach dem Sonnenaufgang und kurz vor dem Sonnenuntergang steht die Sonne so tief am Horizont, dass sie ein wunderbar weiches und diffuses warmes Licht abgibt und einen tollen Effekt auf den Fotos hinterlässt. Auf Reisen in die Antarktis und nach Spitzbergen zum Höhepunkt der Saison – im jeweiligen Hochsommer – werden Sie dies jedoch höchstwahrscheinlich nicht erleben. Zum Ende der Saison stehen die Chancen jedoch besser, insbesondere wenn die Schiffe von Spitzbergen in Richtung Grönland übersetzen.

Unterbelichtung vermeiden

In den Polargebieten bestimmt oft eine weiße Landschaft das Bild. Die Automatik Ihrer Kamera versucht deshalb die Bilder unterzubelichten, wodurch Sie allerdings viele Details verlieren können. Dies können Sie verhindern, indem Sie der Kamera durch Einstellung einer Belichtungskorrektur von beispielsweise +1/3 signalisieren, dass Sie Ihre Bilder leicht überbelichten möchten. Auf diese Weise korrigieren Sie die automatische Unterbelichtung.

Details und Landschaften fotografieren

Die Fülle an Motiven in den Polargebieten liefert uns unzählige Gelegenheiten zum Fotografieren. Denken Sie jedoch daran, hin und wieder Ihre Objektive zu wechseln. Auf meiner Reise ließen viele Fotografen ununterbrochen ihr Teleobjektiv auf der Kamera. Dies führte zwar zu beeindruckenden Tierfotos, jedoch kamen Details in der Flora und die atemberaubenden Landschaften leider etwas zu kurz.

Absprechen und sich auch einmal selbst fotografieren lassen

Viele Hobbyfotografen stehen oft vor demselben Problem: Sie sind fleißig dabei, alle Mitmenschen aus allen Winkeln zu fotografieren, vergessen aber, sich selbst auch mal ins Bild zu setzen. Organisieren Sie sich daher mit Ihren Mitreisenden, um sicherzustellen, dass auch Fotos von Ihnen gemacht werden. Geben Sie Ihre Kamera gelegentlich an eine vertraute Person ab, damit auch Sie auf den Bildern sichtbar sind. Vergessen Sie nicht, den Kontakt mit Ihren Mitreisenden aufrechtzuerhalten. Da viele Smartphones heute gestochen scharfe Fotos machen können, haben Sie gute Chancen, auf dem ein oder anderen Bild zu erscheinen. Diese können Sie sich im Nachhinein zusenden lassen oder beispielsweise in einer WhatsApp-Gruppe mit Ihren Reisebekanntschaften teilen.

Fotoguide – Experten an Bord nutzen

Fast jedes Expeditionsschiff hat einen Fotoguide im Team. Nutzen Sie die Gelegenheit, um mit ihm oder ihr ins Gespräch zu kommen! Sie haben oft wertvolle Tipps parat, kennen das Schiff bis ins kleinste Detail und können Ihnen so die perfekten Orte für Ihre Fotos zeigen. Natürlich können Sie sie auch abends aufsuchen, Ihre Fotos präsentieren und um Rat fragen.

IAATO / AECO Regeln einhalten

Die Regeln der IAATO für die Antarktis und der AECO für die Arktis gelten durchweg für Ihre gesamte Expeditionsreise. Im Eifer des Fotografierens kann es jedoch schnell passieren, dass diese in den Hintergrund treten: Achten Sie stets und zu jeder Zeit auf den Schutz der Polarregionen und befolgen Sie die entsprechenden Regeln. Wir sind alle Gäste in diesen wunderbaren Welten und möchten sie so bewahren, wie sie sind. Wenn Sie sich unsicher sind, ob Sie beispielsweise ein Stativ aufstellen oder sich zum Fotografieren hinlegen dürfen, zögern Sie nicht, Ihr Expeditionsteam um Rat zu fragen. Die Expeditionsguides stehen Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite!

Ausgewählte Motive und Bildkomposition

Im zweiten Teil dieses Beitrags möchte ich Ihnen nun zwei ausgewählte Motive aus der Antarktis zeigen und erklären, wie die Bilder entstanden sind und was ich beachtet habe.

Pinguine und natürliche Rahmen

Vermutlich Ihr Fotomotiv Nummer Eins in der Antarktis: Pinguine. Hier sehen Sie einen Zügelpinguin auf dem Festland der antarktischen Halbinsel in Orne Harbour. Dort sind wir mit dem Expeditionsteam durch den Schnee auf einen Berg hinaufgewandert und konnten eine Kolonie von Zügelpinguinen in felsiger Umgebung fotografieren. Die Felsen bildeten fantastische natürliche Rahmen für unsere Fotos, was uns sogenanntes ‚Framing‘ ermöglichte. Durch die natürlichen Rahmen können Sie den Fokus des Bildes noch mehr auf das Motiv lenken und störende Elemente ausblenden.

Richtschnur für Einstellungen bei Tieraufnahmen

Zu den technischen Details: Bei Tieraufnahmen ähneln sich die Einstellungen Ihrer Kamera in der Regel. Als Leitlinie:

  • Die Belichtungszeit sollte größer als das Zweifache der Brennweite sein. Wenn Sie also ein 600mm-Objektiv besitzen, sollte sie mindestens 1/1200 Sekunde betragen, um verwackelte Bilder zu vermeiden. Dies ist besonders wichtig bei sich schnell bewegenden Motiven wie zum Beispiel Walen. In diesem Fall sollte die Verschlusszeit eher das Vierfache der Brennweite betragen.
  • Die Blende sollte so weit wie möglich geöffnet sein, um so viel Licht wie möglich auf den Sensor zu lassen. Dies ist aufgrund des häufig bewölkten Himmels und der kurzen Verschlusszeit von großer Bedeutung. Es erzeugt auch einen schönen Nebeneffekt der Tiefenunschärfe in Ihren Fotos.
  • Passen Sie den ISO-Wert an die spezifische Situation an. Ich persönlich nutze gerne die ISO-Auto-Funktion. Hohe ISO-Werte können zwar Bildrauschen verursachen, aber im Gegensatz zu Verwacklungen lässt sich dieses in der Nachbearbeitung sehr leicht entfernen. Viel wichtiger ist deshalb, dass Ihre Belichtungszeit und Blende passen.
  • Ich stelle den Autofokus immer auf AF-C, also continous Fokus. Ein einmal von mir fokussiertes Objekt bleibt damit durchgehend in einer Bildreihe scharf, auch wenn es sich bewegt. Falls Sie eine neuere Systemkamera besitzen, kann es sich lohnen, sich im Vorfeld mit Funktionen wie 3D-Motiverkennung und Tracking auseinanderzusetzen.

Bildgrößenverhältnis – Wale und Scaling

Wenn Sie gegen Ende der Antarktis-Saison reisen, werden Sie höchstwahrscheinlich Wale beobachten können. So auch wir, als wir in der Duperré Bay Schutz vor schlechtem Wetter suchten. Unsere Belohnung waren unzählige Sichtungen von Buckelwalen! Wir konnten diese perfekt auf einer Zodiac-Cruise bewundern und fotografieren. Während die grundsätzlichen Einstellungen, die Sie bereits für die Pinguinfotografie kennengelernt haben, auch hier gelten, können Sie bei Walen noch mehr mit der Komposition arbeiten. Vor allem ist es jedoch zunächst wichtig zu verstehen, wann und wo die Wale an die Meeresoberfläche kommen. Wie das funktioniert, wird Ihnen sicherlich der Meeresbiologe an Bord erklären!

Scaling / Visueller Maßstab

Nutzen Sie andere Zodiacs oder Ihr Expeditionsschiff als Hintergrund, um in Ihren Fotos einen Eindruck von der immensen Größe der Meeressäuger zu vermitteln. Dies erreichen Sie, indem Sie das Größenverhältnis darstellen (engl.: Scaling). Versuchen Sie, auf dem Zodiac mit Ihrer Kamera so niedrig wie möglich zu gehen. Auf diese Weise können Sie auch den Daheimgebliebenen einen großartigen Eindruck davon geben, was es bedeutet, sich eine Bucht mit Buckelwalen zu teilen.

Drittelregel

Sie haben sicherlich schon von der Drittelregel gehört. Diese grundlegende Regel in der Fotografie bezieht sich auf die Komposition eines Bildes. Sie dient dazu, das Bild in neun gleiche Teile aufzuteilen, indem zwei horizontale und zwei vertikale Linien über das Bild gezogen werden. Das ergibt ein Raster von drei mal drei Feldern, ähnlich wie bei einem Tic-Tac-Toe-Spiel. Laut dieser Regel sollten die wichtigsten Elemente des Bildes entlang dieser Linien oder an den Schnittpunkten der Linien platziert werden, um ein ausgewogenes und ansprechendes Bild zu erzielen. Ihre Kamera bietet zweifellos die Möglichkeit, entsprechende Rasterlinien anzuzeigen. Versuchen Sie bereits beim Fotografieren, durch die Beachtung der Drittelregel beeindruckende Kompositionen zu erzielen.

Die Magie der Polargebiete festhalten

Ich hoffe, dass Sie durch diese kleine Beitragsserie inspiriert wurden, die Magie der Polargebiete einzufangen. Bedenken Sie stets, dass die beste Ausrüstung nichts ohne die Leidenschaft und das Engagement des Fotografen ausmacht. Bei Ihrem nächsten Abenteuer wünsche ich Ihnen viel Erfolg und atemberaubende Fotos

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