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Polarstern – Ein Polarforschungsschiff und kein Marmeladeneimer

„Wollen wir einen Marmeladeneimer oder ein solides, herzeigbares Schiff für die deutsche Antarktisforschung?“ Diese Frage stellte der Bremerhavener Bundestagsabgeordnete Horst Gruneberg im Juli 1978 dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt und legte somit den Grundstein für die bis heute andauernde Erfolgsgeschichte des Forschungseisbrechers Polarstern, denn noch in der gleichen Nacht ließ Bundeskanzler Schmidt die geplante Investitionssumme für das Forschungsschiff verdoppeln.

Die ersten Schritte

Bedingung für den Bau war, dass das Schiff auch Eisfahrten bewältigen kann. Also müssen vor dem Bau des Eisbrechers erstmal Entwürfe und Modelle geplant und erstellt werden, denn die Schiffsfestigkeit ist für die Fahrten ins Eis ein zentrales Thema.

Von 1980 bis 1982 wird der Bau der Polarstern realisiert, die Baukosten liegen bei 188 Millionen DM (ca. 96 Millionen Euro). Ursprünglich wurden von der Bundesregierung rund 110 Millionen DM (ca. 56 Millionen Euro) eingeplant und vom Deutschen Bundestag 1979 bewilligt. Am 30.8.1980 vergibt der damalige Forschungsminister Volker Hauff den Bauauftrag an das sogenannte Konsortium „Polarforschungsschiff“ bestehend aus Howaldtswerke-Deutsche Werft HDW in Kiel und die Werft Nobiskrug in Rendsburg. Die Kiellegung fand am 22.9.1981 in Kiel statt, getauft wurde das Forschungsschiff am 25.1.1982 auf den Namen „Polarstern“ und am 9.12.1982 durch den Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber in Dienst gestellt.

Die ersten Fahrten

Der neue Forschungseisbrecher Polarstern startete seine ersten Fahrten gleich in der Arktis und Antarktis und stellt sofort unter Beweis, dass er erfolgreich Wellen, Wind und natürlich Eis trotzen kann.

1985 gab es auch bereits die erste Heldentat für das deutsche Forschungsschiff, so konnte die Crew der Polarstern ein festsitzendes, britisches Forschungsschiff aus dem Packeis befreien.
Bereits ein Jahr später nimmt die Polarstern an einem Winterexperiment im antarktischen Wedellmeer teil. Die Forscher an Bord des Schiffes untersuchen die Wirkung des Meereises auf die ozeanische als auch atmosphärische Zirkulation, außerdem soll auch die biologische Entwicklung im Wasser untersucht werden.
Als erstes Schiff überhaupt gelingt es der Polarstern den winterlichen Packeisgürtel im Südpolarmeer zu durchbrechen.
Wahrzeichen der deutschen Polarforschung
Bis heute ist die Polarstern als Forschungsflaggschiff des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) das Wahrzeichen der deutschen Polarforschung. Seit der Indienststellung hat die FS Polarstern 1,7 Millionen Seemeilen zurückgelegt, das sind ca. 3,3 Millionen Kilometer und ist damit bis heute – ungeschlagen – das leistungsfähigste Polarforschungsschiff weltweit. Damit das Schiff auch weiterhin so viel unterwegs sein kann, wurde es von 1999 bis 2001 generalüberholt und auf den neusten Stand der Technik gebracht.
Zwischen November und März befindet sich die Polarstern üblicherweise in der Antarktis, in den Sommermonaten forschen die Wissenschaftler in der Arktis. Die Polarstern legt auf ihren Forschungsreisen ca. 50.000 Seemeilen zurück – das entspricht zwei Erdumrundungen auf der Höhe des Äquators.

Aber auch die Packeiszone ist kein Hindernis für die Polarstern: 20.000 PS und ein doppelwandiger Stahlrumpf lassen 1,5 Meter dickes Eis wie Glas brechen. Das Schiff hält problemlos Temperaturen von bis zu -50 Grad Celsius aus und kann im Eis der Polarmeere überwintern – ein wahres Kraftpaket der Superlative.

Die Ausstattung

Wer jetzt denkt, das AWI unterhält ein schwimmendes Labor, liegt leider falsch. Zwar hat die Polarstern eine Laborgrundausstattung an Bord und meistens gehören auch zwei Helikopter und Schlauchboote dazu, aber zwischen den Forschungsaufträgen steht das Schiff leer. Der Eisbrecher ist als Forschungsplattform konzipiert. Denn wie die Labore der Polarstern ausgerüstet werden, welche wissenschaftlichen Geräte mit an Bord gehen und ob zusätzliche Laborcontainer auf Deck aufgestellt werden müssen, hängt letztendlich vom Forschungsauftrag und von den spezifischen Anforderungen der Wissenschaftler ab, die an Bord gehen. Die Ausstattung der Polarstern verändert sich also je nach Auftrag und das macht das Schiff so vielseitig einsetzbar. Diese Vielseitigkeit und Flexibilität bringt der Polarstern im Durchschnitt ca. 305 Einsatztage auf See.
Immer an Bord ist eine 44-köpfige Schiffsbesatzung, welche die Polarstern am Laufen hält und kleine Wartungsarbeiten durchführt. Je nach Forschungsauftrag kommt eine max. 55-köpfige Crew aus Wissenschaftlern und Technikern hinzu.

Die Polarstern ist aber nicht nur Forschungsschiff, sondern auch Versorger – denn mit Hilfe der Polarstern versorgt das AWI auch die landbasierten Stationen, darunter zum Beispiel auch die ganzjährige besetzte, in der Antarktis gelegene, Forschungsstation Neumayer III mit Gemüse, IT Equipment, bis hin zu Schrauben und Dingen, die man als Forscher vor Ort eben so braucht.

Fun Facts

Die Maschinen der Polarstern verbrauchen pro Monat ca. 900 Tonnen Dieselkraftstoff. Im gleichen Zeitraum verbrauchen die Besatzungsmitglieder und die Forscher und Techniker an Bord ca. 3150 Brötchen, 3200 Eier und 360 Liter Milch sowie 180 Liter Fruchtsäfte. Und da alles, was mal verspeist wurde, auch bekanntermaßen wieder raus muss, werden noch ca. 680 Klopapierrollen pro Monat auf den Kabinen verteilt. Auch Polarforscher sind vor Seekrankheit nicht sicher. Aus diesem Grund nimmt die Polarstern vor jeder Expedition 200 Zäpfchen, 45 Ampullen und 1000 Tabletten gegen die Seekrankheit in die Bordapotheke auf und für die kleinen Schrammen zwischendurch noch 200 Pflaster.

Schiffsdaten

  • Heimathafen: Bremerhaven

  • Länge: 118 Meter

  • Breite: 25 Meter

  • Maximaler Tiefgang: 11,20 Meter

  • Maximale Verdrängung: 17.277 Tonnen

  • Leergewicht: 12.012 Tonnen

  • Motor: KHD RBV 8M540

  • Motorleistung: 19.198 PS mit vier Maschinen

  • Reichweite: 19.000 Seemeilen / 80 Tage

  • Maximale Geschwindigkeit: 16 Knoten

  • Einsatzgebiet: weltweit inkl. der Packeiszone

  • Schiffscrew: 44

  • Tage auf See im Durchschnitt: 305

  • Wissenschaftler bei Fahrten mit Übernachtung:53

MOSAiC Expedition

Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate – das ist der volle und offizielle Name der MOSAiC Expedition. Es ist die größte Arktisexpedition aller Zeiten, gemessen an der aufwendigen Logistik, der Gesamtzahl der Teilnehmer und teilnehmenden Ländern sowie des zur Verfügung stehenden Budgets in Höhe von 140 Millionen Euro. Das Forschungsschiff driftet ein Jahr lang eingefroren im Nordpolarmeer und obwohl die Polarstern schon seit Jahrzehnten in der Forschung erfolgreich und weltweit beachtet unterwegs ist, rücken das Alfred-Wegener-Institut und die deutsche Polarforschung mit der MOSAiC Expeditionen nochmals so richtig ins Rampenlicht der Medien.

Es handelt sich dabei zwar um ein deutsches Forschungsschiff, aber die Expedition im arktischen Winter ist international angelegt. Wissenschaftler aus 20 verschiedenen Nationen erforschen die Arktis im Jahresverlauf, überwintern in einer Region, die während der Polarnacht als unerreichbar gilt.

Die Polarstern ist das zentrale Expeditionsschiff, wird aber durch russische Eisbrecher und deutsche Forschungsschiffe in ihrer Mission unterstützt und versorgt. Zu diesen Versorgungseinheiten gehören auch Flugzeuge und Helikopter. Insgesamt waren mehr als 600 Personen bei der Expedition in der Arktis tätig.
Ziel der Expedition war es den Einfluss der Arktis auf das globale Weltklima besser zu verstehen, denn kaum ein anderer Bereich auf der Erde hat sich im letzten Jahrzehnt so stark erwärmt wie die Arktis.

Wer mehr über die Ergebnisse und Abläufe der MOSAiC Expeditionen erfahren möchte, dem empfehlen wir einen Blick auf die Webseiten des Alfred-Wegener-Institutes .Leider können wir keine Eisexpedition auf der Polarstern anbieten, denn das Flaggschiff der deutschen Polarforschung steht nur der Wissenschaft zur Verfügung.

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Wenn Sie aber dennoch mal ein Gefühl dafür bekommen wollen, wie sich Wissenschaftler in der Polarforschung fühlen, dann empfehlen wir Ihnen eine Expedition auf der „50 Years of Victory“ – mit dem Atomeisbrecher zum Nordpol. Und wie so ein Eisbrecher funktioniert, können Sie in unserem Podcast-Interview mit Christian Hoppe von der Reederei Poseidon Expeditions erfahren.

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