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Fridtjof Nansen – der große norwegische Entdecker Teil 1: Der Junge, den es nach Grönland zog

Der Hund setzte sich in den Schnee und schnaufte, er blickte zu dem Jungen, der ihn auf den Skiern folgte. Das Schneegestöber, das sie beim Verlassen des Hauses mit sanften Flocken begleitet hatte, war in einen ausgewachsenen Schneesturm übergegangen. Der Hund spürte Angst – sie waren weit weg von zu Hause, von einem warmen Kamin und der Sicherheit ihres Heims. Doch der Junge beugte sich zu ihm runter, streichelte ihn hinter den Ohren, und auch wenn sein Gesicht fast vom Schnee bedeckt war, konnte das Tier dort keine Spur Angst spüren. Fridtjof Nansen war erkennbar in seinem Element. Die Skier unter den Füßen, der Schnee in seinem Gesicht, der Horizont in seinem Herzen – schon in der Jugend war Nansen ein Entdecker, und sollte dies Zeit seines Lebens auch bleiben.

Fridtjof Nansen

Fridtjof Nansen war ein besonderer Mensch. Er ist vielen von uns sicher bekannt als eine der wichtigsten Polarforscher. Sein Name steht heute noch für Abenteuer und große Entdeckungen. Kein Wunder, das Hurtigruten eines seiner Expeditionsschiffe nach ihm benannt hat. Doch wäre es falsch, Nansen nur auf seine Expeditionen zu reduzieren. Als Menschenfreund leistete er noch weit mehr über die Entdeckungen hinaus. So wurde er auch mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Aber wer war Nansen und was trieb ihn an, warum sollten wir uns an ihn erinnern? Lernen Sie Nansen besser kennen in unserem heutigen Blogbeitrag. Teil 1 beschreibt dabei seine Jugend und sein frühes Erwachsenenleben einschließlich der ersten großen Heldentat: Die Durchquerung Grönlands.

Die frühen Jahre – das Glück eines fördernden Elternhauses

„Mutter,“ rief der kleine Junge quengelnd. Ihm war kalt, er war erschöpft, die Füße taten ihm weh. Seine Mutter und er waren schon seit Stunden auf Skiern unterwegs.

„Nur noch ein klein wenig weiter, Fridtjof!“, rief ihm die Mutter fröhlich zu, und winkte ihn zu sich. Ihr sanfter Blick spornte den Kleinen wieder an, und der Fünfjährige schlug seine Stöcker in den Schnee und kämpfte sich wieder vorwärts. Er konnte nicht ahnen, dass diese Zeit, die Liebe und gleichzeitig die Herausforderungen seiner Mutter, sein ganzes Leben prägen würden.

Fridtjof Nansen wurde am 10. Oktober 1861 in Store-Frøen in der Nähe von Oslo geboren. Obwohl weder sein Vater noch seine Mutter zur See fuhren, legten die beiden wichtigsten Menschen in seinem Leben die Grundsteine für seine spätere Entwicklung. Sein Vater war ein wohlhabender Anwalt der seinem Sohn die beste Ausbildung der damaligen Zeit finanzieren konnte. Er war jedoch auch zutiefst religiös und pflichtbewusst. Von ihm lernte Nansen die späteren Grundpfeiler seines zutiefst moralischen Wesens sowie die Bereitschaft, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Doch vielleicht wurde Nansens späterer Lebensweg vor allem durch die Mutter geprägt. Sie war es, die ihre Kinder schon in früher Jugend an das Leben im Freien heranführte und sie dazu antrieb, körperlich fit zu sein. Der junge Fridtjof war begabt im Schlittschuhlaufen und Schwimmen, aber vor allem im Skisport. Er konnte schon als Jugendlicher auf Skiern an einem einzigen Tag mehr als 50 Kilometer zurücklegen. Sie spornte ihn auch zu großer Selbständigkeit an und schon in der Jugend unternahm Nansen Ausflüge in die Natur, auf denen ihn nur sein Hund begleitete. Es muss diese Zeit gewesen sein, in der sein Entdeckerherz geweckt wurde.

In der Schule schlug Nansens Herz besonders für das Zeichnen. Auch dieses Talent würde ihm später als Entdecker sehr nützlich sein.

Bei dieser Kindheit war es kein Wunder, dass Fridtjof auch akademisch überzeugte. Im Jahr 1880 legte er erfolgreich die Aufnahmeprüfung für die Universität ab. Nun zeigte sich der Einfluss seiner Mutter in ganz besonderem Maße, denn er entschied sich, nicht in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Nansen wollte die Natur erkunden, an der frischen Luft arbeiten, seinem Traum folgen, den Norden und die See besser kennen lernen. Daher entschied er sich für ein Zoologiestudium. Er hoffte zudem, auf diese Weise auch sein Zeichentalent weiter ausbauen zu können. Schon in dem jungen Nansen schlugen viele Herzen in ihm: Sportler, Wissenschaftler, Künstler, all das vereinte er in sich. Aber es war vor allem seine Liebe zur Natur, die ihn in ganz besonderem Maße antrieb.

Das frühe Erwachsenenleben: Ein Entdecker wird erschaffen

„Was ist das?“ rief er, und einer der Seeleute blickte sich zu dem jungen Kerl um. „Junge! Mach die Augen auf,“ rief der Seemann lachend zu ihm. „Das ist Grönland.“ „Grönland,“ wiederholte der Junge murmelnd. Er war fasziniert. Riesige Gletscher zogen über den Horizont, das Eis spiegelte sich im Licht. Grönland, die größte Insel der Welt. „Junge,“ rief der Seemann wieder zu ihm, „Konzentriere Dich wieder, oder wir werden alle an Land geschwemmt!“ Nansen schüttelte den Gedanken ab und widmete sich wieder seiner Arbeit an Deck. Aber er würde hierher wieder zurückkehren, das wusste er von diesem Moment an.

Nicht überraschend sollte es daher auch den Studenten Nansen wenig in den Räumen der Universität halten. Er liebte vor allem seine Zeit außerhalb der Bibliothek, wenn er Ski fuhr, fischte oder auf die Jagd ging. Nansen war ein Naturbursche durch und durch. 1882 ging es dann das erste Mal auf eine längere Reise zur See mit dem Seehundschiff Viking. Die Fahrt führte ihn in die polaren Gewässer Grönlands, und Nansen sah die Gletscher, das Eis Grönlands, einer großen Insel, die immer noch als weitgehend unerforscht galt, als zu mächtig, um von einem Menschen bezwungen zu werden.

Nun reifte in dem jungen Mann ein wagemutiger Plan heran. Was, wenn er Grönland zu Land überqueren könnte, von einer Küste zur anderen? Aber es sollte noch ein wenig dauern, bis er diesen Plan in die Tat umsetzen durfte.

Zunächst konzentriere er sich auf seine wissenschaftlichen Arbeiten, für die er bald schon Anerkennung fand wegen ihrer großen Präzision. Nansen entwickelte den Ruf, nicht nur ein harter Arbeiter zu sein, sondern auch ein Wissenschaftler, der auf Details besonderen Wert legte und sie akribisch ausarbeitete. Es schadete dabei auch nicht, dass er hervorragend zeichnen und seine Arbeiten mit eigener Hand illustrieren konnte. Schon im Jahr 1882, zwei Jahre nach Aufnahme seines Studiums, wurde der talentierte Nansen zum Kurator für Zoologie am Museum in Bergen ernannt. Nun begann eine Zeit, in der er für damalige Zeiten aufsehenerregende Arbeiten schrieb, und insbesondere seine Doktorarbeit von 1887 mit dem Titel „Die Struktur und Kombination histologischer Elemente des Zentralnervensystems“ (1887) gilt auch heute noch als ein Beispiel für ausgezeichnetes wissenschaftliches Arbeiten. Kein Wunder also, dass er für diese Arbeit den Doktor der Philosophie verliehen bekam.

Die Durchquerung Grönlands

„Meine Damen und Herren,“ sagte Nansen, nachdem er sich erhoben hatte. Er blickte einen kurzen Moment in die Augen der Anwesenden – hochdekorierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, jeder von ihnen mit großen Verdiensten im Namen der Krone. „Ich möchte Ihnen heute eine wissenschaftliche Unternehmung vorstellen. Mein Plan ist es, die Insel Grönland im Namen der norwegischen Krone auf Skiern von Osten nach Westen zu durchqueren.“ Für einen kurzen Moment war es ruhig, dann lachten zwei, drei der Anwesenden. Der Vorsitzende blickte Nansen amüsiert an. „Und was ist der tatsächliche Plan, mein junger Herr?“
Nansen blieb ungerührt und ruhig. Er lächelte sanft. „Ich werde Grönland auf Skiern durchqueren. Von Osten nach Westen.“ 1887 markierte aber auch aus einem anderen Grund ein besonderes Jahr im Leben von Fridtjof Nansen. Er ging nun an die Öffentlichkeit mit einem Plan, Grönland auf Skiern zu durchqueren, und setzte das wagemutige Vorhaben nach akribischer Vorbereitung in die Tat um. Sein Plan: Vom unbewohnten Osten in den bewohnten Westen zu gelangen. Am 15. August 1888 begannen Nansen und fünf Begleiter die waghalsige Unternehmung.

Die Männer hatten die Ausrüstung an Land gebracht, und nun lagen die beiden Boote, mit denen sie gelandet waren, vor ihnen im Wasser.
„Sollen wir das wirklich tun?“ fragte einer von ihnen und die Zweifel in seiner Stimme waren unüberhörbar. „Ja,“ sagte Fridtjof Nansen, und ging zu dem ersten Boot. Die Männer sahen stumm zu wie er es in Brand setzte. Dann ging einer von ihnen zum Anderen und auch aus ihm loderten bald Flammen. Zusammen mit seinen Kameraden blickte Nansen stumm zu, wie die beiden Boote verbrannten. Damit war der Weg zurück endgültig abgeschnitten. Der Westen, oder Sterben.

Angelandet an der Ostküste Grönlands, schuf Nansen eine besondere Motivation für sich und seine Kameraden: Er ließ die Boote, mit denen sie die Anlandung vorgenommen hatten, verbrennen. Damit sollte es für seine Männer und ihn nie wieder ein Zurück geben. Es sollte nur noch Vorwärts geben, in den Westen – oder den Tod in einer Welt, in der sie niemals jemand finden würde.

Die Überquerung Grönlands auf Skiern war hart. Bittere Kälte von bis zu -45 Grad Celsius ließen die Männer fast erfrieren und heftige Stürme erschwerten das Fortkommen erheblich. Zudem dürfen Sie sich eine solche Überquerung nicht derart vorstellen, dass die Männer sich nur auf flachem Eis bewegten. Im Gegenteil: Die Männer mussten Gletscher und Berge überqueren.

Am 5. September 1888 waren sie sogar auf dem höchsten Punkt der Reise mit 2.719 Meter über dem Meeresspiegel. Doch weder Nansen noch seine Begleiter ließen sich von der Unternehmung abbringen. Am 26. September am Ameralik-Fjord an der Westküste. Sie waren gezwungen, in der Siedlung Godthåb (Nuuk) zu überwintern, wo Nansen die Gelegenheit nutzte, die Eskimos zu studieren und Material für sein Buch Eskimoliv (1891; Eskimo Life) zu sammeln. Die Rückkehr nach Norwegen folgte im Mai 1889, und Nansen und seine Männer wurden für ihre Leistungen, aber auch für die akribischen Aufzeichnungen der Reise durch Nansen und die gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse geehrt. Nicht nur das Innere Grönlands war auf diese Weise auf der Landkarte der Welt aufgetaucht, sondern auch Fridtjof Nansen in der Liste der großen polaren Entdecker. Nun begann eine neue Zeit in Nansens Leben.

Im zweiten Teil unseres Blogs zu Fridtjof Nansen erfahren Sie, wie Nansen mit der Fram-Expedition endgültig zu einem der größten Entdecker unserer Geschichte aufstieg – und wie er später auf internationaler Bühne als Diplomat von sich reden machte. Ein besonderes Leben im Dienst der Entdeckung – und der Menschheit. Freuen Sie sich auf den zweiten Beitrag!

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