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Die Magie der Hundeschlitten

Hundeschlitten, genannt Qamutiik, werden heute als klassisches Transportmittel in der Arktis, für Nachmittagsausflüge mit der Familie oder für mehrtägige Jagdausflüge, die Hunderte von Meilen umfassen, genutzt. Aber auch die Hundeschlittenrennen erfreuen sich immer mehr Beliebtheit.

Gunnar Kaasen

„Gee!“ Eisiger Wind pfeift Gunnar Kaasen um die Nase, es ist nichts zu hören außer dem Knarzen der Kufen auf dem Schnee und dem Schnaufen der Hunde. „Easy!“ Der Schnee peitscht ihm ins Gesicht und er ist sich nicht sicher ob er seine Nase noch spürt. Die Kälte ist beißend, sie geht ihm durch Mark und Bein, und der Hundeführer denkt an Olsens Erfrierungen, die echt übel aussahen. Worauf hatte er sich da nur eingelassen? Hätte er doch länger warten und noch mehr Schneeverwehungen riskieren sollen? Nein, es sind schon zu viele Menschen in Nome gestorben. Aber es sind vor allem die Hunde, die ihm den Mut geben; sie scheinen die Kälte nicht zu spüren, sie wirken ohne Furcht, besessen von dem einen Gedanken, der nur heißt „vorwärts“. Balto, der Leithund, treibt sie an, unerschrocken und erfahren, er wirkt, als ob er hier draußen alles kennt, alles gesehen hat, jede gefährliche Stelle meidet und nur den Horizont im Blick hat. Nicht mehr weit, denkt Gunnar, und wir übergeben in Solomon. „Haw, Balto Haw!“

Geschichte und Ursprung

Die Entstehung des Hundeschlittens (Qamutik) reicht weit zurück und es liegt nahe, dass die Inuit aus Grönland und dem nördlichen Kanada im harten arktischen Winter um zu überleben auf Schlittenhunde als treue Helfer zurückgriffen und einen Schlitten zum Transport während Ihrer Jagdreisen konstruierten. Diese Tradition ist jedenfalls sehr alt und die bekanntesten Schlittenhunderassen tauchten in der Arktis vor mehr als 2000 Jahren auf. Im 19. Jahrhundert wurde der Hundeschlitten immer beliebter und schließlich auch in Alaska und Sibirien als traditionelles Transportmittel im Winter übernommen. Während des großen Goldrausches in Alaska lernten dann auch die Weißen die Vorzüge zu schätzen. Der Hundeschlitten ist historisch gesehen, das älteste gezogene Transportmittel, so vermutet man. Denn, bis der Motorschlitten erfunden wurde, war er das einzige zuverlässige Transportmittel, das Menschen und Material bei Schnee und arktischen Minusgraden ans Ziel brachte.

„Whuuuu! Das kann nicht sein! Ich hätte längst in Solomon antreffen müssen! Ich muss falsch gefahren sein. Was mache ich jetzt? Umdrehen? Jede Sekunde zählt und wenn ich jetzt umdrehe waren Olsens Erfrierungen vergebens. Balto und die anderen Jungs scheinen noch fit zu sein… aber dieser eisige Wind…wir müssen weiter… müssen es schaffen! Go!“ (Kaasen hatte den Ort Solomon um knapp drei Kilometer verfehlt.)

Das Iditarod – längstes Hunderennen der Welt

Spätestens 1925 während der Diphtherieepidemie in Nome wurden die Menschen auch außerhalb der Arktis durch das sogenannte Great Race of Mercy, bei dem zwanzig Hundeschlittenführer mit mehr als einhundert Hunden ein Immunserum gegen die Epidemie ins 1085km entfernte Nome in fünfeinhalb Tagen durch einen Schneesturm und bei Temperaturen bis zu −60 °C transportierten, auf die rasanten Schlitten aufmerksam.

Seit 1973 findet zum Gedenken des historischen Iditarod Trails und an die Hundeschlittenstaffel von 1925 auf einer 1850km langen Teilstrecke, von Anchorage bis Nome, das längste und härteste Hunderennen der Welt, das Iditarod, statt. Immer am ersten Samstag im März finden die Startzeremonie und ein kleiner Vorgeschmack des Rennens auf circa 30 Kilometern in Anchorage statt. Der offizielle Startschuss fällt dann am Sonntag Willow mit bis zu 16 Hunden je Team. Ab dem Startschuss ist der Musher für acht bis fünfzehn Tage mit seinen Hunden trotz eisiger Kälte auf sich allein gestellt.

Konstruktion und Entwicklung

Die Inuit bauten ihre ersten Schlitten aus Holz und Lederriemen und nutzen die Schlitten heute noch als Arbeitsmittel, allerdings wurden mit der Zeit die Lederriemen durch Nylonschnüre ersetzt. Bei den Jagd- und Reiseschlitten achtet man auf leichtere Materialen. Besonders an den Rennschlitten, die heute nur noch zwischen 8 kg und 12 kg wiegen, wird die Konstruktion, gerade bzgl. ihrer Flexibilität ständig optimiert und bestehen heute eher aus Metall und Holz, vorwiegend Hickory und Esche. Heute unterscheidet sich der Hundeschlitten in einem Punkt sehr deutlich von dem damaligen. Damals stellte der Musher, Schlittenführer, sich auf den vorderen Teil, um die Hunde mit der Peitsche anzutreiben.

Heute steht er auf den Kufen des hinteren Teils, um mittels Gewichtsverlagerung die Stabilität des Schlittens zu erhöhen und nutzt keine Peitsche mehr, sondern arbeitet mit Kommandos. Die Kufen sind für eine reibungslose und schnelle Fahrt entscheidend. Der halbrunde Bogen, aus Holz oder heute auch aus Kunststoff, an der Vorderseite wird „brush-bow“ genannt und verhindert, dass die Hunde sich verletzen. Den auf den Kufen montierten Handgriff für den Musher nennt man auch „handle-bar“. Bei den modernen Schlitten findet man natürlich heute auch eine Bremse, um per Widerstand die Geschwindigkeit der Hunde zu regulieren.

Zusätzlich gibt es einen Schneeanker, der dem Schiffsanker sehr ähnelt. Die meisten Qamutiik haben Platz für Treibstofftanks, einen Campingkocher und eine Vorratskiste für Lebensmittel, die für einen einfachen Zugang positioniert sind und schnelle Stopps für Tee und Essen ermöglichen. Das Packen eines Schlittens ist eine Kunst. Das Gewicht muss auf dem Schlitten minimal gehalten werden, um die Kippgefahr zu verringern. Raffinierte Materialien werden verwendet und die Jäger bauen immer kleinere und elegantere Versionen, die schnelle Tagesausflüge ermöglichen.

Krächz! Das Aufheulen der Hunde unterbricht das Zischen des Schneesturms! „Ahhhh! Whuuuu! Whuuuu!“ Kaasen liegt im Schnee und versucht den Schlitten wiederaufzurichten doch der Schnee peitscht ihm unermüdlich ins Gesicht und der eisige Wind schmerzt in den Augen. „Verdammt! Wo ist das Serum? Ich muss das Serum finden, sonst war alles umsonst!“ Es ist stockdunkel, nur der Polarstern leuchtet als Wegweiser am Himmel. Seine Finger sind fast taub, aber er spürt mit den Handschuhen nicht wo das Serum im Schnee vergraben ist. Langsam zieht er die Handschuhe aus und greift suchend in den Schnee. Ein pochender und stechender Schmerz zieht durch seine Hände und als er glaubt aufgeben zu müssen, fühlt er die Tasche mit dem Serum!

„Dem Himmel sei Dank!“ Er streift die Handschuhe über, verpackt das Serum auf den gerichteten Schlitten und richtet seinen Blick auf sein unermüdliches Gespann, die ihn mit ihren eisblauen Augen anfunkeln. Jetzt wirken allerdings auch fast alle Hunde unruhig, auch sie wissen, dass die Fahrt eigentlich zu lange ist, dass sie längst gefüttert hätten werden müssen, und er weiß nicht, ob sich auf seinem Gesicht die Verzweiflung und die Anspannung wiederspiegelt. Aber erneut ist es Balto, der den anderen und ihm kraft gibt. Er wirkt ruhig und gelassen, schaut Gunnar mit klugen und Trost spendenden Augen an. Es ist nicht mehr weit, scheinen sie zu sagen. Nur noch den Horizont erreichen, wir alle, zusammen. Gunnar strafft die Schultern, als er den Befehl ruft. „Go!“

Der Musher und sein Team

Den Gespannlenker nennt man „Musher“, ausgesprochen „Mascha“. Es wird vermutet, dass das Wort entweder von dem französischen „marcher“ (marschieren) oder aus dem Grönländischen stammt. Während er auf seinem Schlitten steht lenkt er die Hunde nicht wie oft vermutet mit Zügeln und Peitsche, sondern allein durch Kommandos, die der Leithund dann umsetzt. Zu den absoluten Legenden in der Hundeschlittengeschichte gehören der Musher Leonhard Seppala und sein Hund Togo sowie Gunnar Kaasen mit seinem Balto, die 1925 an der Rettungshundestaffel während der Diphtherieepidemie teilnahmen.
In der amerikanischen Arktis ist das Mushing seit über 40 Jahren ein sehr beliebter Sport und natürlich träumen die heutigen Schlittenführer von den einstigen Musher-Legenden. Es gibt sogar eine Zeitschrift „Mushing: The Magazine of Dog Powered Sport“. In Deutschland ist das Mushing circa seit 25 Jahren insbesondere bei den Husky-Freunden bekannt.

Die klassischen Schlittenhunde

Die nächsten verwandten Artgenossen sind die Polarwölfe und obwohl sie keine Haustiere sind, meistern Sie die Fahrten mit ihren Mushern als treue und beharrliche Weggefährten. Bitte beachten Sie stets, dass es besonders in Grönland keine Streicheltiere, sondern wirklich richtige Arbeitstiere sind und beschränken Sie daher Ihre Streicheleinheiten auf die kleinen Welpen. Sie sind wahre Zugtiere und lieben es bei eisiger Luft ihren Schlitten durch endlose Weiten in einem rasanten Tempo zu ziehen. Dafür bringen sie natürlich sowohl die optimalen körperlichen Voraussetzungen wie gut trainierte Muskeln und ein sehr starkes Herz-Kreislauf- System, als auch eine ausgeprägte Sozialkompetenz und eine hohe Intelligenz, die sie für die Umsetzung der Kommandos benötigen, mit sich.

Den arktischen Bedingungen angepasst, sind sie in der Lage lange ohne Nahrung auszukommen. All diese Stärken lernte auch der Polarforscher Roald Amundsen bei seiner Expedition durch die Nordwestpassage (1903-1906) lieben und schätzen und bei seinem berühmten Wettlauf zum Südpol gegen Robert Falcon Scott war die Mitnahme der Hunde ein entscheidender Faktor für seinen Sieg. Ein Gespann hat in der Regel bis zu 12 Hunde. Der Leader (Leithund) gibt das Tempo vor und setzt die Befehle des Mushers durch. Daher ist er auch das wichtigste Glied des Gespanns und ist deswegen vielleicht nicht der stärkste, aber der intelligenteste und lernfähigste Hund im Team. Es gibt vier klassische Schlittenhunderassen, die sich vor allem durch ihren Körperbau und Charakter unterscheiden.

Grönlandhund

Der ursprünglichste ist der Polarspitz, auch Grönlandhund genannt. Er ist für seine Willensstärke bekannt und hat einen schweren Körperbau.

Malamute

Die größte und schwerste Rasse, der Alaskan Malamute, ist benannt nach dem Eskimovolk Malamute und mit seiner breiten Brust prädestiniert, um schwere Lasten zu ziehen.

Siberian Husky

Der durch seine Freundlichkeit und seinen ausgeprägten Jagdinstinkt bestechende Siberian Husky gilt als der kleinste und schnellste.

Samojede

Für seine große Ausdauer, jedoch weniger für seine Geschwindigkeit, wird bei den Rennen, der aus Sibirien stammende Samojede geschätzt. Eines haben Sie jedoch alle gemeinsam… ihr unermüdlicher Bewegungsdrang und ihre Belastbarkeit. Sie können am Tag bis zu 200km zurücklegen und erreichen Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 40 Kilometern pro Stunde bei Kurzstrecken.

Mushing und die Kommandos

Der Musher lenkt den Schlitten nur über Kommandos an den Leader, die dieser dann in der Gruppe umsetzt. Die Geschwindigkeit regelt der Musher jedoch über die Bremse. Besonders wichtig ist dabei der permanente Druck auf die Bremse, damit die Zugleine gleichmäßig gespannt ist, denn bei lockerer Leine können die Hunde stolpern und sich verletzen. Bei Steigungen kommt dann das eigentliche „Mushing“ zum Einsatz, denn hier „pedalt“ er den Schlitten mit nur einem Bein und schiebt den Schlitten vor sich her, wenn die Geschwindigkeit und die Kraft der Hunde nicht mehr ausreichen.

Typische Kommandos in Nordamerika

  • Go – fordert die Hunde zum Loslaufen auf, was bei dem Bewegungsdrang nicht besonders herausfordernd ist
  • Gee – rechts Abbiegen
  • Haw – links Abbiegen
  • Come Gee – 180° – Wende über rechts
  • Come Haw – 180° – Wende über links
  • Easy – Tempo auf Trab verringern (z.B. bei bergab)
  • Whuuuu – Tempoverringerung, Halt (dient eher zur Warnung)

Nome

Als Kaasen am 02. Februar gegen drei Uhr nachts Point Safety erreichte, war der Musher Ed Rohn, der eigentlich ablösen sollte, nicht vorbereitet. Da die Übergabe in Solomon nicht erfolgt war, ging man davon aus, dass die ganze Mission gescheitert war. „Mein Gesicht ist eingefroren, ich kann kaum noch sehen. Aber bis Ed startklar ist… nein wir haben keine Zeit mehr…. Nur noch 40km und der Wind hat sich gelegt! Go! Go Balto! Go!“ Das Gespann zieht an und rennt weiter in die endlose Eiswüste, mit dem eisernen Willen Nome zu erreichen und Menschenleben zu retten. Um halb sechs Uhr morgens erreichen Sie die Front Street von Nome. Das Gespann, dass sonst kaum zu bremsen ist sinkt im Schnee vor Erschöpfung zusammen. Kaasens Finger sind erfroren und auch im Gesicht zeichnen ihn heftige Erfrierungen, aber das Ziel ist erreicht und nicht eine Ampulle ist zerbrochen.

Sie haben Gefallen gefunden und möchten selbst mit einem Hundeschlitten durch die arktische Winterlandschaft fahren? Dann stehen wir Ihnen gerne bei der Reiseplanung zur Verfügung und freuen uns auf Ihren Anruf.

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